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Zahl der antisemitischen Vorfälle ist 2024 um mehr als 40 Prozent gestiegen

Ministerin Josefine Paul schaut lächelnd in die Kamera. Die Arme sind vor dem Körper. Die Wand im Hintergrund ist grün und beige.

Zahl der antisemitischen Vorfälle ist 2024 um mehr als 40 Prozent gestiegen

Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Nordrhein-Westfalen (RIAS) hat für das Jahr 2024 eine weiter steigende Zahl antisemitischer Vorfälle erfasst. Die meisten Fälle sind dem antiisraelischen Aktivismus zuzuordnen. Den dritten Jahresbericht haben am Mittwoch, 28. Mai 2025, Familien- und Integrationsministerin Josefine Paul, der Leiter von RIAS Nordrhein-Westfalen, Jörg Rensmann, und der Geschäftsführer des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Westfalen-Lippe K. d. ö. R., Alexander Sperling, gemeinsam vorgestellt.

28.05.2025

2024 sind insgesamt 940 antisemitische Vorfälle erfasst worden, das entspricht einer Steigerung um 42 Prozent im Vergleich zu 2023 mit 664 Vorfällen. Durchschnittlich waren es also pro Woche 18 antisemitische Vorfälle. 2023 waren es 13 Vorfälle gewesen. In anderen Bundesländern sind die Zahlen laut den dortigen Recherche- und Informationsstellen ebenfalls deutlich gestiegen: In Bayern haben sich die gemeldeten Vorfälle sogar fast verdoppelt, und RIAS Berlin berichtet für die erste Jahreshälfte 2024 von bereits mehr Vorfällen als im gesamten Jahr 2023. Eine deutliche Zunahme ist insbesondere seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und dem danach folgenden Gaza-Krieg zu sehen. Seitdem sind die Zahlen auf konstant hohem Niveau.

Familien- und Integrationsministerin Josefine Paul: „Der enorme Anstieg antisemitischer Vorfälle macht deutlich, dass wir entschieden gegen Anfeindungen und Übergriffe gegenüber Jüdinnen und Juden vorgehen müssen. Antisemitismus ist ein Angriff auf die Grundwerte unserer Demokratie. Der RIAS-Bericht macht sichtbar, was häufig im Verborgenen bleibt. Das ist wichtig und damit leistet RIAS eine wichtige Arbeit als Grundlage für präventives Handeln und Maßnahmen gegen Hass und Diskriminierung. Antisemitische Äußerungen oder Handlungen finden in allen gesellschaftlichen Bereichen statt, aber sie passieren nicht im luftleeren Raum. Wir dürfen ein gesellschaftliches Klima der Ausgrenzung nicht hinnehmen. Die Sicherheit von Jüdinnen und Juden in Nordrhein-Westfalen ist unsere gemeinsame Verantwortung.”

Jörg Rensmann, Leiter von RIAS Nordrhein-Westfalen: „Antisemitische Vorfälle ereigneten sich in 2024 vor allem im öffentlichen Raum und in Bildungseinrichtungen. Der israelbezogene Antisemitismus war die am häufigsten dokumentierte Erscheinungsform. Besonders interessant ist dabei die Kombination aus israelbezogenem und Post-Shoah-Antisemitismus, die in 147 Vorfällen auftrat. Das bedeutet, dass daraus wichtige Konsequenzen für eine präventive Bildung gezogen werden sollten.”

Alexander Sperling, Geschäftsführer des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Westfalen-Lippe K. d. ö. R.: „Nach dem pogromartigen Angriff der islamistischen Terrororganisation Hamas auf die Zivilbevölkerung Israels hat sich auch in NRW die konkrete Gefahr für Juden durch antisemitische Anfeindungen nochmal dramatisch erhöht. Seitdem ist die ohnehin schon hohe Zahl der judenfeindlichen Straftaten und Übergriffe nochmal fast explosionsartig gestiegen. Unbeschwertes jüdisches Leben ist momentan fast nur noch in geschützten Räumen möglich.“

Zu den Vorfällen kommt es vor allem im öffentlichen Raum – auf der Straße, in öffentlichen Verkehrsmitteln, in Bildungseinrichtungen und auch an Gedenkorten. Unter den gemeldeten Vorfällen sind beispielsweise 18 physische Angriffe sowie ein Fall von extremer Gewalt – als solche Fälle gelten physische Angriffe oder Anschläge, die den Verlust von Menschenleben oder schwere Körperverletzungen zur Folge haben können. Außerdem sind unter anderem 22 Bedrohungen, fünf Diskriminierungen und 549 Fälle von verletzendem Verhalten gemeldet worden. 

Von den insgesamt 940 bei der RIAS Nordrhein-Westfalen gemeldeten Vorfällen wurden nach Angaben der meldenden Personen 194 Fälle ebenfalls bei der Polizei angezeigt. Das sind 21 Prozent aller Fälle. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass RIAS auch Vorfälle unterhalb der Strafbarkeitsgrenze erfasst. 

Die Landesregierung hat die Recherche- und Informationsstelle für Antisemitismus in Nordrhein-Westfalen vor mehr als drei Jahren eingerichtet. RIAS NRW und die Meldestellen in elf weiteren Bundesländern dokumentieren und analysieren antisemitische Vorfälle und bieten Betroffenen eine erste Anlaufstelle. Jede meldende Person kann eine Beratung oder psychologische Unterstützungsangebote erhalten.

Weitere Informationen unter report-antisemitism.de/rias-nrw