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Auftakt der Fachkräfteoffensive in den Sozial- und Erziehungsberufen

Ministerin Paul steht vor einem blauen Hintergrund. Sie lacht in die Kamera. Ein Teil des Oberkörpers ist zu sehen, der ein wenig zur Seite gewandt ist.

Auftakt der Fachkräfteoffensive in den Sozial- und Erziehungsberufen

Ausreichend Personal im sozialen Bereich für sicheres Auf- und Heranwachsen, echte Chancengerechtigkeit und sozialen Zusammenhalt

Nie zuvor gab es so viele Beschäftigte in den Kindertageseinrichtungen und der Kindertagespflege wie aktuell. Gleichzeitig ist der allgemeine Arbeitskräfte- und Fachkräftemangel auch in diesen Bereichen deutlich zu spüren und wird sich aller Voraussicht nach auch weiter zuspitzen. Der Fachkräftemangel in den Sozial- und Erziehungsberufen ist für unsere Gesellschaft dabei in mehrfacher Hinsicht eine große Herausforderung.

30.09.2022

Damit alle Kinder gut aufwachsen können und gleichberechtigte Chancen haben, braucht es künftig mehr und auch gut qualifizierte Männer und Frauen in Betreuungseinrichtungen, genauso wie bei den Stellen, die für den Kinder- und Jugendschutz zuständig sind, oder die Familien unterstützen. Zugleich ist es unerlässlich, dass wir es ermöglichen, dass in unseren Kitas entsprechend den Bedarfen der Dreiklang von Betreuung, Bildung und Erziehung gelebt wird – auch, damit Sorgeberechtigte ihren Beitrag zum wirtschaftlichen Erfolg unseres Landes leisten können.
 
In einem ersten Auftaktgespräch sind am Dienstag, 27. September, zahlreiche Akteurinnen und Akteure aus den Sozial- und Erziehungsbereichen, zum Beispiel Eltern, Talentscouts, Vertreterinnen und Vertreter von Gewerkschaften, Unternehmen und Kommunalen Spitzenverbänden, mit Familienministerin Josefine Paul zusammengekommen, um sich über die zentralen Herausforderungen, Handlungsfelder und Lösungsmöglichkeiten auszutauschen und erste Schritte zu vereinbaren.
 
Dazu erklärt Josefine Paul, Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration: „Die neue Landesregierung sieht dem wachsenden Fachkräftemangel nicht tatenlos zu. Kinder, Jugendliche und Familien benötigen verlässliche und qualitativ hochwertige Angebote in Bildung und Betreuung genauso wie in vielen anderen Bereichen, wie zum Beispiel der Jugendhilfe. Als Chancen- und Gesellschaftsministerium starten wir im engen Austausch mit den anderen Akteuren im Feld – mit Trägern, mit Gewerkschaften, mit den Familien – eine Fachkräfteoffensive in den Sozial- und Erziehungsberufen. Damit starten wir mit der Umsetzung einer zentralen Maßnahme des Koalitionsvertrags noch in diesem Jahr. Nachhaltige Erfolge werden uns bei der Bekämpfung des Fachkräftemangels nur mit gemeinsamen Anstrengungen gelingen. Das kann keine Stelle allein bewältigen, und daher ist dieser gemeinsame Auftakt so wichtig.“
 
Für die Träger der Freien Wohlfahrtspflege erklärt Christian Woltering, Vorsitzender der Freien Wohlfahrtspflege NRW: „Der Fachkräftemangel ist eine der größten sozialen Herausforderungen der nächsten Jahre. Von Fragen der Qualität über das Thema Ausbildung bis zum Thema Zuwanderung: Wir müssen in alle Richtungen denken. Einfache Lösungen wird es dabei nicht geben. In manchen Bereichen müssen wir unsere bisherigen Überzeugungen und Logiken auch in Frage stellen und neu denken“.
 
Im Rahmen des Auftaktgesprächs haben die Gesprächspartnerinnen und -partner folgende Schlüsselbereiche für eine Fachkräfteoffensive in den Sozial- und Erziehungsberufen identifiziert:

 

1. Verbesserungen und Ausweitung der Kapazitäten bei der Aus- und Weiterbildung

 
Dem wachsenden Fachkräftebedarf, der auch durch den Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz weiter steigen wird, muss unter anderem durch eine Ausweitung der Ausbildungskapazitäten, durch eine Weiterentwicklung der Ausbildung unter Bedingungen der Digitalisierung, durch die Verstärkung der Weiterbildung bestehenden Personals und durch Quereinstiege begegnet werden. Aus- und Weiterbildung müssen zudem leicht zugänglich und auch auf dem Land erreichbar sein und es muss den Bedarfen älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entsprochen werden. Um hinsichtlich der Kapazitäten effektiver steuern zu können, müssen auch die Fachkräftebedarfe und die Ausbildungskapazitäten besser als bisher erfasst werden.
 

2. Aktivierung (neuer) Zielgruppen und Berufe und Entlastung der Beschäftigten

 
Mehr Fachkräfte in die Einrichtungen zu bringen und damit multiprofessionelle Teams zu planen, darf nicht zulasten der Qualität gehen. Neben der Ausbildung muss die Frage beantwortet werden, welche Professionen in den Einrichtungen gebraucht werden, um mehr Quantität zu mehr Qualität werden zu lassen.
Es werden mehr Männer in den Sozial- und Gesundheitsberufen gebraucht, genauso müssen weiterhin mehr Frauen dabei unterstützt werden, sich am Erwerbsleben voll zu beteiligen. Zudem ist es unerlässlich, Menschen mit Zuwanderungsgeschichte oder auch Menschen aus dem Ausland für die sinnstiftenden Tätigkeiten im sozialen Bereich zu interessieren und zu qualifizieren. Damit sich die pädagogischen Kräfte auf ihre eigentlichen Aufgaben konzentrieren können, benötigt es zusätzliches Personal, wie beispielsweise Verwaltungskräfte oder anderweitig qualifizierte Fachkräfte, die die pädagogische Arbeit in den Einrichtungen verstärken und für die dauerhaft eine Einsatz- und Refinanzierungsmöglichkeiten geschaffen werden muss.
 

3. Kooperation vor Ort in den regionalen Bildungslandschaften

 
Ausbildung, Fachkräftegewinnung, Bedarfserfassung, Steuerung und Planung von Personaleinsatz bedürfen einer verstärkten Kooperation und Koordination vor Ort. Berufsfachschulen, Schulen, öffentliche und freie Träger, Arbeitsagentur, Weiterbildungseinrichtungen und Hochschulen müssen sich in regionalen Bildungslandschaften stärker als bisher vernetzen, um Bedarfe regional zu erfassen und auch bedienen zu können. Das Ziel muss sein, dass dort, wo der Bedarf besteht, auch ausreichend ausgebildet wird, eine entsprechende Förderung der Kinder und Jugendlichen in den Einrichtungen frühzeitig den Weg ebnet. Dabei soll besonderes Augenmerk auf den Zusammenhang von Fachkräftemangel und einem hohen Anteil sozio-ökonomisch benachteiligter Menschen in den Quartieren gelegt werden, um einerseits unterschiedlichen Bedarfen unterschiedlich zu begegnen und andererseits noch unberücksichtigte Potenziale zu heben.